Mit ihren noch immer knurrenden Magen im Hintergrund, ließ die graue Schülerin ihren Blick über den, zugegeben recht mickrigen, Haufen an Frischbeute schweifen. Was Beute anging, war sie meistens nicht besonders wählerisch, schon gar nicht, wenn sie hungrig war. Doch auch hungrig würde sie sich kaum an Maus wagen, kaum eine Maus fressen. Ob sie sich eine nehmen würde, wenn es nichts anderes gab? Vermutlich, verhungern wollte sie schließlich auch nicht. Aber noch gab es ja andere Beute und so musste sie diesen Schritt zum Glück nicht gehen. Nebelpfote atmete erleichtert aus, als sie einen kleinen Baummarder erblickte, den wohl heute früh jemand hier her gebracht hatte. Nun, Glück für sie. Mit einem triumphierenden Blick beugte sie sich runter, nahm das tote Tier an seinem Genick und wollte sich gerade umdrehen und einen Platz suchen, an dem sie endlichen ihren Hunger würde stillen können, als neben ihr etwas hervorsprang. Unwillkürlich zuckte sie zusammen und ließ den Marder fallen. Ein leises Schnauben entwich ihr, als sie erkannte, wer sie so erschreckt hatte.,,Was meinst du, wenn wir bei diesem Wetter trainieren?“ Man könnte meinen, sie wäre ernsthaft genervt von ihrem Bruder, jedenfalls bis sich ein leichtes Schmunzeln auf ihr Gesicht schlich.,,Aber das müssen wir wohl, nicht wahr“,grinste sie und stupste Rauchpfote gegen die Schulter.,,Hast du auch gerade Pause? Wir können uns den Marder gerne teilen.“ Mit diesen Pfoten beugte sie sich abermals, nahm sich wieder den Marder und bedeutete ihrem Bruder mit einem Nicken, dass sich ein paar Schritte weiter, am Rande des Lagers hinsetzen wollte. Weiterhin sah sie sich nicht um, achtete nicht darauf, ob er ihr folgte, aber sie hätte absolut nichts dagegen wenn er es täte. Sie hatten sich eine Zeit lang nicht mehr in Ruhe sprechen können neben dem ganzen Training. Was Spatzenfuß sich wohl hatte einfallen lassen? Hoffentlich was gutes, schließlich wollte sie auch nicht, dass ihr Bruder als Bediensteter endete. Vielleicht noch irgend einem niedrigen Eques zugeteilt wurde, obwohl der Rang eines Bediensteten an sich eigentlich schon schlimm genug war. Mit diesem Gedanken nahm sie sich endlich einen ersten Bissen der Frischbeute und drehte sich um, um zu sehen, ob er ihr nun gefolgt war und sich den Marder mit ihr teilen wollte oder eben doch nicht.
Mit neugierig und enthusiastisch funkelnden Augen betrachtete Nebelpfote den älteren vor ihr, den sie sonst nicht großartig beachtete. Ihr Gesicht verzog sich zu einem amüsiertem Lächeln, als sie bemerkte, dass er sie musterte, doch ihr Schweif zuckte genervt. Es dauerte, bis Nachtpfote schließlich seinen Kopf schief legte. Ein Schnauben entfuhr der grauen Kätzin, wie immer, wenn sie das Gefühl hatte nicht wirklich ernst genommen zu werden. Schließlich war ihr aller Leben nicht ein Spiel, wie es kleine Jungen spielten. Es war bitterer Ernst! Meine Kleine? Abermals entfuhr ihr ein Schnauben. Langsam bekam sie das Gefühl, als sollte sie das zumindest in diesem Gespräch lassen. Lächerlich wollte sie ja auch nicht werden, in dem sie eine Geste immer und immer zu wiederholte.,,Sollten wir jedenfalls nicht“,brummte sie schließlich, als er eine Pause machte.,,Aber mir fallen da doch Schüler ein, denen ich das ganz zu trauen würde. Vor allem jetzt, da es die letzten Wochen mal ein wenig anstrengender war als sonst.“ Ihr Tonfall zeigte jenen Schülern gegenüber völliges Unverständnis. Von sich und Rauchpfote wusste sie, dass sie ehrgeizig waren. Nachtpfote schien ja auch vernünftig zu sein, aber die anderen? Sie wusste nicht, ob sie belustigt oder entnervt sein sollte. Wobei das bei ihrer derzeitigen Laune kaum einen Unterschied machen würde. Außerdem hatte der Kater mit dem merkwürdigen Fell in noch einem weiteren Punkt recht. Es gab bei weitem mehr Punkte, wieso ein solcher Trainingskampf sinnvoll war. Mit dem Druck, das so viele wichtige Katzen einen prüfend beobachten, wenn sie sich denn dazu hinab ließen, musste man immerhin auch umgehen können. Als er näher rückte, runzelte sie Stirn.,,Wenn nur die Eques auch so denken“. Ihr Blick huschte dahin, wo ihre Mentorin ihr Nest hatte. Kaum das sie im Lager angekommen waren, schien sie sich dahin zurückgezogen zu haben. Auch der frische Geruch ihrer Bediensteten hing in der Luft. Na, gute Laune schien Sturmflut heute jedenfalls nicht gehabt zu haben. Aber vielleicht wäre es ja günstiger, wenn Nachtpfotes Mentorin ihr den Vorschlag unterbreitete? Am besten, wenn die Eques mit Rabenglut fertig war. Vielleicht war die ja dann besser drauf.,,Ne, vielen Dank auch“,murrte sie und bedachte den Kater mit einem Kater, der ihm genau klar machen sollte, für wie unangebracht sie diesen Kommentar hielt. Unangebracht und Respektlos. Nun nur noch mit halben Ohr lauscht sie ihm, während er noch einmal wiederholte, was für ein Vorteil ein Trainingskampf hätte. Recht hatte er ja, aber hatten sie das nicht schon längst angeschnitten? Sie hatte es sich jedenfalls schon gedacht. ,,Sicher, dass du dir das nicht einredest, um deine eigene zu kompensieren?“,neckte sie ihn und zum ersten Mal an diesem Tag entlockte ihr jemand ein belustigtes Schnurren. Sie fand die Beziehung von Nachtpfote und ihrem Bruder albern, aber es war nichts was sie von ihrem Training oder ihren Aufgaben abhielt. Und ihre Energie darauf verschwenden wollte sie auch nicht. ,,Nein danke“, miaute sie schließlich.,,Ich ziehe meine Mahlzeit jetzt doch erst einmal vor. Fragen kannst du ja auch alleine, oder?“,grinste sie und drehte sich schließlich um, um mit großen Schritten in Richtung des kleinen Haufens Frischbeute zu laufen, der zum Glück in Schatten lag, um sich endlich was zum Fressen zu nehmen.
Einerseits war Nebelpfote noch immer verärgert, auch weil Nachtpfote sie nicht ernst nahm, andererseits wusste sie nicht ganz, was sie eben davon halten sollte. Noch immer war ihr Gesicht verkniffen, während sie ihre Beine in den Boden stemmte, als wolle eine Katze gleich kommen, um sie hier weg zu schieben. Normal hätte sie jede Katze, die nun mit ihr sprach oder sich in zwischen sie und ihre wohlverdiente Mahlzeit stellte, angeschnauzt und wäre weitergezogen, doch Nachtpfote schaffte es mit seiner Idee Nebelpfotes Aufmerksamkeit zu fesseln. Ein Trainingskampf, den Heiligen endlich einmal zeigen zu können, was sie drauf hatte. Zeigen, dass sie es würdig war, nach ihrer Ausbildung eine Eques zu werden! Als der ältere dann jedoch begann sich darüber zu beschwere, dass er selber noch immer ein Schüler war, schnaube sie entnervt. Ernsthaft? Da verzichtete sie bei dem Wetter der letzten Tag und dem Training auf ihr Fressen und dann begann er nur sich über seine banalen Probleme zu beschweren?,,Krähenfraß also? Tut mir echt, wirklich leid, dir das mitteilen zu müssen, aber ich bin heute noch nicht zum Essen gekommen und das nur weil,...“,die Graue hielt in ihrer Tirade inne, als Schüler sie nach Rauchpfote fragte. Wo er war? Sie hatte ihren Bruder heute tatsächlich noch nicht gesehen. Aber ihm würde die Idee sicher auch gefallen. Immerhin liebte er das Training und ebenso wie sie selbst wollte er unbedingt ein Eques werden. Solange sie nicht komplett versagen würden, konnte ein solcher Trainingskampf nur gut sein. Da jedoch hielt sie inne. Hatte er ihr gerade zugezwinkert. Einfach so? Sie waren ja nicht einmal Freunde. Abermals schnaubte sie.,,Wir würden ihnen mal so richtig zeigen, das wir durchaus kämpfen können“,murrte die Schülerin nach einer Weile, immer noch mit einem genervten Ton, aber ruhiger und mit einer Spur Versöhnung in der Stimme. Nebelpfote spürte bereits das Kribbeln in ihren Pfoten. Wenn das funktionieren würde, dann wäre der Abend immerhin nicht mehr vergeudet. Dieses komische Fest hätte dann wenigstens einen Sinn.,,Du Nachtpfote?“,fragte sie schließlich vorsichtig und gewisser Maßen auch mit der Befürchtung, dass diese Idee sich im Nichts verlaufen könnte.,,Glaubst du, unsere Mentoren würden das erlauben? Glaubst du, das könnte tatsächlich funktionieren?“
⁕ erwähnt | gesprochen | gedacht ⁕ ⁕ Angesprochen:Nachtpfote{@Ashakida} ⁕ Erwähnt: Rauchpfote{Dunkelharz}, Nachtpfote{Ashakida}, die Mentoren von ihr und Nachtpfote{id.]
Nebelpfote war ja ohnehin schon keine besonders verträgliche Kätzin. Nicht, das sie sich daran gestört hätte, ein derartiges Verhalten würde sie, wenn überhaupt, nur davon abhalten ihre Mentorin und schlussendlich ja auch den Caesar von sich zu überzeugen, um ihr Ziel zu erreichen. Ein Ziel, das lange schon mehr als eine Wunschvorstellungen war, denn beim besten Willen, die Graue konnte es sich einfach nicht vorstellen eine dieser erbärmlichen Bediensteten zu werden. Außerdem hatte sie ja noch ihren Bruder. Zumindest Rauchpfote hatte sich noch nie an ihrer Art gestört und das er sie jemals deswegen im Stich lassen würde, bezweifelte sie doch. Dazu standen sie beide sich einfach zu nahe. Heute jedoch war die Schülerin ganz eindeutig mit der falschen Pfote aufgestanden oder mit anderen Worten: Sie war seit dem Morgen schon noch überkritischer, noch launischer als sonst. Dabei wusste sie nicht einmal woher diese Laune rührte. War es die durch den Regen entstandene Schwüle, die ihr so zu schaffen machte? Oder war es die Tatsache, dass heute Abend am liebsten noch eine extra Trainingseinheit eingeschoben hatte, anstatt zu diesem Fest zu gehen, dass Wüstenstern angesetzt hatte? Vermutlich beides. Wieso er das getan hatte? Nebelpfote konnte es sich beim besten Willen nicht erklären. Aber er war nun einmal der Caesar, was er sagte war Gesetz. Und an das Gesetz hatte man sich zu halten, Punkt. ,,Muss es natürlich immer noch so heiß sein. Man könnte meinen, dass das Wetter sich absichtlich gegen uns verschworen hat. Nicht, dass Training an sich noch nicht…“,schimpfte sie mehr oder weniger grummelnd vor sich hin, während sie aus Richtung des Zuganges durch das Lager stapfte. Sie befand nun ungefähr auf der Hälfte ihres Weges zum Frischbeutehaufen, denn ein wenig was zwischen den Zähnen hatte sie sich nach diesem Vormittag eindeutig verdient, als sie mitten in ihrer Schimpftirade unterbrochen wurde und ihre Beine in den Boden stemmen musste, um nicht in den schillernden, bunten Pelz von Nachtpfote hinein zu rennen. Sofort vertiefte sich der genervte Ausdruck auf ihrem Gesicht. Anscheinend war ihr Tag einfach noch nicht schlecht genug. Gerade so bekam sie mit wie auch der älteste unter ihnen Schülern vor sich hin murmelte. Nur das er nicht ansatzweise so aufgebracht wie sie klang. Missbilligend und irgendwie auch um sich wenigstens ein wenig unter Kontrolle zu bekommen, kniff sie für ein paar Momente ihre Augen zu kleinen Schlitzen zusammen. So würde sie auch keinem helfen. Was leider kaum was änderte. Währenddessen jedoch spitzte sie die Ohren. Irgendwas über Trainingskämpfe und Wüstenstern kam von ihm. Auch wenn das mit Sicherheit nicht an sie gerichtet war und sie eigentlich längst etwas fressen wollte, trat sie noch einen Schritt vor um sich leichter mit dem anderen Schüler unterhalte zu können. Ja, sie war genervt und Hunger hatte sie auch, aber der Gedanke, den anderen endlich mal wieder zeigen zu können, wie sehr sie sich wirklich anstrengte und das sie absolut keine Versagerin war, die zu den Bediensteten gehörte, klang verlockend.,,Ein Trainingskampf?“,fragte sie also interessiert und blickte Nachtpfote blinzelt an. Verhindern das ihre Stimme noch immer grummelig und genervt klang, das gelang ihr jedoch nicht.
Nebelpfote war, als würde sie träumen, auch wenn sie sich schon im nächsten Moment nicht mehr daran erinnern konnte, was so eben geschehen war. Ihre Augen huschte wie wild von links nach rechts, als würde sie einem flinken Vogel oder einer Mücke mit ihrem Blick folgen. Ihre Gedanken waren so durcheinander das sie kaum denken konnte, weil sie dem ganzen schlicht und ergreifend einfach nicht hinterher kam. So, mit ihren Gedanken wo anders und nicht dabei, dass sie eigentlich längst hätte aufstehen müssen um ihr Training rechtzeitig zu beginnen, traf sie das kühle, nasse etwas völlig unerwartet. Als hätte sie sich in eine Distel gesetzt sprang sie auf und stand sofort auf allen ihrer vier Beinen. Doch mit dem nächsten Atemzug gelangten einige Tropfen Wasser in ihre Nase und ließen sie Husten und Prusten. Ein paar Momente starrte sie ihre Mentorin verdattert an, bevor sie schließlich im nächsten Moment verstand, was soeben geschehen war. Nicht zuletzt das Wasser verriert es ihr. Ganz zu schweigen von dem Blick Stumfluts. Einen Augenblick lang lag ihrem Blick so etwas wie Scham. Die Pflichten gegenüber dem System waren ihr doch das Wichtigste! Doch es dauerte nicht viel länger als diesen einen Augenblick, bis ihr Gesicht wieder den Ausdruck puren Ehrgeizes annahm, der so gewöhnlich für sie war.,,Wir haben schon genug Zeit vergeudet, nicht war?“, fragte sie ihre Mentorin schließlich, im Willen ihren Fehler gut zu machen oder ihn wenigstens nicht noch erneut zu begehen.,,Was machen wir heute?“
Spatzenfuß war drauf und dran um zudrehen, vielleicht jagen zu gehen oder das Territorium zu inspizieren, als sein Schüler sich schließlich doch noch aufrappelte und den Anstand hatte, endlich den Tag zu beginnen und den des Eques nicht länger zu verschwenden. Als der junge Kater ihn ansprach, bleib er stehen und sah seinen Schüler missbilligend an. Hatte Spatzenfuß ihm nicht häufig genug eingeschärft, wie wichtig es sein konnte früh aufzustehen und wie verachtenswert den halben Tag zu verschlafen? Sein Ohr zuckte bei dem Gedanken und es dauerte noch einige Momente, bevor er Rauchpfote schließlich von der Qual der drückenden Stille erlöste.,,Nun doch motiviert genug um das Nest zu verlassen, he?“, fragte er mit einem kaum wahrzunehmenden Hauch von gehässigem Unterton und schlug verärgert mit dem Schweif. Das Rauchpfote seine Verärgerung am Training des Tages bemerken würde, daran hatte Spatzenfuß kaum einen Zweifel. Vielleicht würde er ja heute früh genug ins Bett gehen, um den nächsten Sonnenaufgang nicht zu verschlafen. Gerade wollte er dem Schüler andeuten ihm zu folgen, als ein weiterer Kater der Trainings-Klasse aus dem Bau trat und ihn zögernd begrüßte. Mit einem kurzen Seitenblick bestätigte er seine Vermutung und ließ ein nur allzu deutliches seufzen hören. Der Bruder seiner Nervensäge. Nun, er würde genug Arbeit für beide finden, da war er sich sicher. Wieso Tollkirschbiss sich ihm noch nicht angenommen hatte? Ein weiteres Mal zuckte sein rechtes Ohr genervt, bevor er seinen Zweifel und der schlechten Laune schließlich nach gab. Mit einem Schnippen seines Schweifes bedeutete er den beiden ihm zu folgen, wandte sich ohne ein weiteres Wort um und lief in straffem Tempo aus dem Lager der Eques und Trainings-Klasse hinaus ins Territorium.
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Sa Okt 01, 2022 10:48 am von 
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